PERSPEKTIVEN RHEINISCHES REVIER
Pionierarbeit 2.0 – vorgezogener Ausstieg aus der Braunkohle im Rheinischen Revier mit neuem Reviervertrag besiegelt
Mit der feierlichen Unterzeichnung des Reviervertrages 2.0 haben heute Ministerpräsident Hendrik Wüst, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und zahlreiche weitere Ministerinnen sowie Minister der Landesregierung Nordrhein-Westfalens und Mitglieder der Gesellschafterversammlung der Zukunftsagentur Rheinisches Revier den Startschuss für die Umsetzung des vorgezogenen Ausstiegs aus der Braunkohleverstromung gegeben. Die Region wird sich damit noch intensiver für einen erfolgreichen Strukturwandel engagieren, fordert aber gleichzeitig von Land, Bund und Europäischer Union unkompliziertere Förderinstrumente und massiv beschleunigte Verfahren.
Mönchengladbach, 30. Mai 2023. In Zeiten, in denen der Klimawandel bereits vielerorts deutliche Auswirkungen zeigt, müssen Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland möglichst schnell von fossilen auf klimaneutrale Energieträger umsteigen. Aus diesem Grund hatte die neue Landesregierung Nordrhein-Westfalens im Oktober 2022 unter Federführung des Wirtschaftsministeriums gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Versorger RWE den Zeitraum für den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung im Rheinischen Revier noch einmal um acht Jahre von 2038 auf 2030 verkürzt.
Ministerpräsident Wüst äußert sich zu dieser Halbierung der Ausstiegssfrist: „Mit dem Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 leistet das Rheinische Revier einen herausragenden Beitrag zum Klimaschutz. Die Region kann auf ein enormes Potenzial zurückgreifen, um den damit verbundenen Strukturwandel zu meistern und zur Blaupause für den erfolgreichen Wandel einer Industrieregion zu werden. Und sie kann sich dabei auf die Unterstützung von Bund und Land verlassen.“ Der Ministerpräsident weiter: „Im Revier ist bereits einiges erreicht, aber allen Partnern in Region, Land und Bund ist bewusst, dass wir noch besser, vor allem noch schneller werden müssen. In den kommenden Jahren müssen weitere, sichtbare Schritte beim Umbau der Region gemacht werden. Es ist gut, dass der Reviervertrag 2.0 die anstehenden Aufgaben klar und deutlich benennt.“
„Der Reviervertrag 2.0 ist ein großer Erfolg. Wir alle haben lange auf diesen Tag hingearbeitet“, kommentiert Mona Neubaur, Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, das Zusammenwirken aller Beteiligten an diesem Dokument. „Die Menschen im Rheinischen Revier haben es verdient, dass wir endlich die besten Voraussetzungen für ihre Region schaffen. Denn dieses Fleckchen Erde ist ihr Zuhause, ihre Heimat. Ich bin stolz, dass so viele verschiedene Akteure zusammen vorangehen. Auch unter der Bedingung des vorgezogenen Kohleausstiegs haben wir uns auf eine gute Grundlage für ein gemeinsames entschlossenes Handeln verständigt.“
„Die enorme Verkürzung der Ausstiegszeit stellt die Region vor gewaltige energie- und strukturpolitische Herausforderungen“, betont Dr. Tim Grüttemeier, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung, die Folgen dieser politischen Entscheidung. „Die Menschen im Rheinischen Revier haben in den letzten Jahrzehnten gezeigt, dass sie in der Lage sind, in Pionierarbeit eine starke Wirtschaft und ein verträgliches Zusammenleben zu organisieren. Und sie sind bereit, dies jetzt ein weiteres Mal zu tun. Das funktioniert allerdings nur, wenn staatliche Förderung von Land, Bund und EU zielgenauer ausgerichtet, Projektentwicklung, Bewilligung und Umsetzung beschleunigt werden. Wir benötigen unkomplizierte Förderinstrumente, die Unternehmen den Zugang zu Fördergeldern erleichtert – und zwar allen Unternehmen in allen Teilen der Region“, so Grüttemeier weiter.
Um die Ziele und Maßnahmen anzupassen, vor allem aber, um den ehrgeizigen Aktionsplan verbindlich zu steuern, haben die Zukunftsagentur Rheinisches Revier und die Landesregierung Nordrhein-Westfalens gemeinsam einen Meilensteinplan erarbeitet, der detailliert für die nächsten sieben Jahre die Wegmarken für 31 relevante Entwicklungsfelder im Strukturwandel in der Region festschreibt. Dieser Meilensteinplan wird in den nächsten Tagen auf den Webseiten beider Institutionen veröffentlicht.
Ungeachtet der enormen Anforderungen, die der vorzeitige Ausstieg in der kommenden Zeit an alle beteiligten Institutionen stellt, haben in den vergangenen Monaten bereits zahlreiche Projekte eine Förderzusage erhalten (s.u.).
Beispielsweise:
- startet in Mönchengladbach in Kürze der Aufbau einer „Gründungsfabrik“, mit der eine „School of Entrepreneurship“ etabliert werden soll (Unternehmerisches Denken), die die Innovations- und Gründungskultur in der Region stärken soll sowie eine Offene Coding School (Programmierschule).
- fiel in Düren jüngst der Startschuss für eine innovative Wasserstoff-Infrastruktur, die den Schienenverkehr ins klimaneutrale Zeitalter katapultiert.
- startet ebenfalls in Düren demnächst die „Modellfabrik Papier“ mit dem Ziel, die die in der Papierproduktion eingesetzte Energie zukünftig um 80 Prozent zu reduzieren.
- entsteht im „Brainergy Park“ Jülich derzeit ein Reallabor für das Energiesystem der Zukunft, das starke Impulse für die Gründerszene aus den Bereichen Energie, Digitalisierung, Umwelttechnik und Bioökonomie setzen und damit die zukünftige Wertschöpfung und Beschäftigung in der Region sichern will.
- engagiert sich das AI Village in Hürth als Innovationscampus für alle Projekte im Bereich Künstliche Intelligenz. Dienstleister für Unternehmensgründung und Hightech sollen hier in einem innovativen Netzwerk vereint werden.
- soll mit dem „Food Campus Elsdorf“ im Herzen des Rheinischen Reviers ein Knotenpunkt zur industriellen Umsetzung innovativer Geschäftsmodelle im Kontext Agrar- und Lebensmittelindustrie, sowie Biotechnologie entstehen, der ebenfalls alle relevanten Akteure der Agrar- und Lebensmittelindustrie sowie der Biotechnologie des Reviers vernetzt.
- ist in der Stadt Bergheim das „Kraftraum Shuttle“ gestartet, in dessen Rahmen ein neues flexibles On-Demand-Angebot für die Mobilität in der Stadt Bergheim und im Rhein-Erft-Kreis entwickelt wird, das auch auf andere Regionen übertragen werden kann.
- wird das Rheinische Revier in den kommenden Jahren mit der ResilienceExpo eine regelmäßige messeähnliche Veranstaltung zum Thema Klimaanpassung beheimaten. Hier sollen privatwirtschaftliche Unternehmen zu entscheidenden Akteuren werden, indem sie durch die Entwicklung von Klimaanpassungsmaßnahmen die Herausforderungen der Klimakrise reduzieren helfen.
- fokussiert das Projekt „Energiepark Herzogenrath“ in fünf Teilprojekten die klimaneutrale Versorgung der Stadt mit Strom und Wärme durch den Ausbau der Kapazitäten bei Photovoltaik und Windenergie, dem Aufbau einer Speicherinfrastruktur und der Stärkung der wasserstoff- und strombasierten Mobilität.
- wurde last but not least das neue Förderprogramm „Zukunftsgutscheine Rheinisches Revier“ aufgesetzt, das kleine und mittlere Unternehmen mit Beratungsleistungen und Know How-Erwerb bei der Weiterentwicklung und Neuausrichtung ihres Geschäftsmodells fördert. Das gilt in ähnlicher Weise für die Einstellung neuer Mitarbeitender, welche die Transformation im Betrieb mit neuen Ideen und neuem Wissen bereichern. Außerdem stehen Mittel zur Durchführung beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen und sogar für betriebliche Investitionen zur Verfügung.
Eine detaillierte Übersicht kann auf der Website:
https://www.revier-gestalten.nrw/projekte abgerufen werden.