Bis 1992 hat der Eschweiler Bergwerks-Verein (EBV) auf diesem Gelände Steinkohle gefördert. Der Förderturm, die Hallen, die Waschkaue – all das befand sich einmal am Standort des Testzentrums. „Im Jahr 1978 war ich das erste Mal hier. Mein Großvater, mein Vater und mein Bruder waren beim EBV beschäftigt. Nach der Schule hieß es: Arbeit für Dich ist hier, auf der Grube“, erzählt Willem Grouls. Also begann er eine Lehre. Doch die brach er nach nur wenigen Tagen wieder ab: „Es ging ab in den Förderturm und auf etwa 600 Meter Tiefe herunter. Unten angekommen, habe ich gesagt: Bitte sofort wieder hochfahren! Ich muss Tageslicht haben. Das war definitiv nicht meine Welt.“ Er wechselte aus der Tiefe in die Höhe und wurde Dachdecker. Als die Knie nach 35 Jahren nicht mehr wollten, war er für die Rente noch zu jung. „Da habe ich an einem Sonntag in der Zeitung gelesen, dass sie hier einen Hausmeister suchen. Ich habe die einzige Bewerbung meines Lebens geschrieben und wurde eingestellt. So bin ich am Ende doch wieder hier gelandet.“
Mit dem Safety-Car unterwegs
Sein Dienstfahrzeug ist ein Safety-Car. Mit ihm kann er stets auf der Strecke nach dem Rechten sehen. Wenn er mit hoher Geschwindigkeit durch die Steilkurven fährt, spürt man die Schwerkraft am eigenen Körper. „Es macht einen Riesen-Spaß hier“, sagt Willem Grouls. Den Kunden steht zum Beispiel eine Ovalbahn zur Verfügung, eine Schlechtwegstrecke, ein Steigungshügel und eine 210 Meter breite Fahrdynamikfläche. Auf dem ganzen Gelände ist 5G-Mobilfunktechnik verfügbar. Direkt hinter der Teststrecke befindet sich Europas größte Filmkulisse für High-Speed-Autobahnszenen.
Sie gehört aber nicht zum Aldenhoven Testing Center. Die Teststrecke, die für Firmenevents gebucht werden kann, wird nicht nur regional genutzt. „Die ganze Welt kommt hier her zum Testen – mit Elektro-, aber auch mit Wasserstofffahrzeugen.“ Das wichtigste aktuelle Thema der Kunden ist aber das automatisierte Fahren. Willem Grouls schätzt das so ein: „Die Entwicklung befindet sich noch in den Kinderschuhen, aber das wird die Zukunft werden. Wir werden im Auto nur noch „nebenan“ sitzen und lassen uns chauffieren. Ob ich das noch erlebe, weiß ich nicht. Meine Tochter aber definitiv.“
Der Dispatcher überwacht den Betrieb
Ähnlich wie in einem Flugplatz gibt es auf dem ATC-Gelände auch einen kleinen Tower. Dort sitzt immer der Dispatcher. Das ist ein Mitarbeiter, der den Fahrbetrieb überwacht. Neben dem Ausblick aus seinem Tower arbeitet er vor allem mit einem digitalen Plan. Der zeigt stets an, wo sich welches Auto gerade auf der Strecke befindet. Per Funk kann er mit allen auf der Strecke Kontakt aufnehmen. Willem Grouls hat sich zum Dispatcher ausbilden lassen, sodass er seine Kollegen bei Bedarf auch in dieser Funktion vertreten kann./pak
Neue Arbeitsplätze im „Future Mobility Park"
„Oft kommen Menschen auf einer Fahrradtour hier vorbei“, berichtet er: „Vor allem Menschen, die früher hier auf der Steinkohlegrube gearbeitet haben. Sie sind neugierig.“ Das ATC wird gemeinsam von der RWTH Aachen und dem Kreis Düren betrieben. Stolz zeigt er auf das Brachgelände im direkten Umfeld der Teststrecke: Hier wird künftig ein „Future Mobility Park“ entstehen. Im Februar 2020 wurden die Pläne dafür vorgestellt. Unternehmen aus der Automobil- und Mobilitätsbranche sollen angesiedelt werden und neue Arbeitsplätze in die Region bringen.