Der Ingenieur Michael Thys, 28, ist bei der GVG als Projektmanager für Innovationen unter anderem für den Umbau dieser Tankstelle verantwortlich gewesen. „Derzeit beschäftigen wir uns mit zahlreichen Klimaschutz-Projekten – wir wollen als Energieversorger „grüner“ werden. Der Umbau der Tankstelle ist hierbei nur ein Projekt von vielen“, sagt er. Die Biomethan-Tankstelle hinter dem GVG-Verwaltungsgebäude ist ein gutes Beispiel für ein ökologisches Energieprojekt. Sie wird täglich von Müllfahrzeugen der Firma Remondis angesteuert. Die Fahrzeuge tanken innerhalb von etwa acht bis zehn Minuten 80 bis 90 Kilogramm verdichtetes Biomethan. Das reicht für eine Tagestour.
Remondis setzt auch in Zukunft weiter auf Biomethan als Energieträger und wird aller Voraussicht nach sechzig neue Fahrzeuge bestellen. Auch einige Privatkunden und die Stadtwerke Hürth betanken ihre Fahrzeuge (unter anderem ein Müllfahrzeug) am Standort. Darüber hinaus besteht fast der gesamte Fuhrpark der GVG aus gasbetriebenen Fahrzeugen. Das rechnet sich: „Die Fahrzeuge sind zwar etwas teurer in der Anschaffung, dafür ist die Verbrennung schadstoffärmer und das Gas hat einen höheren Energiegehalt als beispielsweise Benzin oder Diesel.
So kann mit gleichem Geld eine höhere Reichweite erzielt werden“, erklärt Michael Thys. Ein Kilogramm Biomethan kostet an der Tankstelle in Hürth derzeit etwa 0,87 Euro (Stand: 1. Juli 2020).
Verdichten, Zwischenspeichern, Betanken
Fachkundig erläutert Thys das Innenleben der Tankstelle: „Das Gas kommt mit einem Vordruck von 0,4 bar an unserer Tankstelle an und wird dann über ein Molekularsieb zur Abscheidung restlicher Feuchtigkeit geleitet. Die Kompressoren verdichten das getrocknete Gas dann auf 250 bar, anschließend wird es in entsprechenden Speicherbehältern zwischengelagert. Und zwar in zwei überdimensionalen Speicherflaschen, die sich außerhalb des Tankstellengebäudes befinden. Das sind die Speicherbänke. Zusammen mit den kleineren Flaschen im Gebäude können wir hier rund 13.000 Liter Biomethan zwischenspeichern, was einer Menge von etwa 2.500 Kilogramm entspricht. Dadurch können wir mehrere LKW problemlos hintereinander betanken. Dies unterscheidet uns von den meisten anderen Gastankstellen“, berichtet er stolz. „Bei Problemen gibt es eine Sprechstelle, die rund um die Uhr weiterhelfen kann“, betont Thys. Doch er hat noch mehr im Blick als nur diese Tankstelle mit ihren zwei Zapfsäulen: „Wir betreiben in unserem Versorgungsgebiet insgesamt drei Gastankstellen. Die anderen beiden Tankstellen können bisher allerdings lediglich von PKW genutzt werden. Wir prüfen aktuell, welche Maßnahmen für eine Umrüstung auf LKW-Betankung nötig sind. Mein Wunsch ist es darüber hinaus, dass die Kurzstrecken-Logistiker in der Region, von der Abfallsammlung bis zum Schwertransport, schrittweise auf CO2-neutrales Biomethan umstellen.“
Als Gasversorger „grüner“ werden
Michael Thys stammt ursprünglich aus der deutsch-niederländischen Grenzregion, der Grafschaft Bentheim. Er schloss sein Studium mit der Fachrichtung Umweltingenieurwesen an der Fachhochschule in Höxter ab und absolvierte seinen Master für »Erneuerbare Energien« an der TH-Köln. Seine Abschlussarbeit hat er bei der GVG zum Thema schwimmende Photovoltaikanlagen geschrieben und ist hier seit März 2018 als Projektingenieur angestellt.
Hier fühlt er sich wohl, denn die Innovationsprojekte haben bei der Geschäftsführung eine hohe Priorität. Für die Umsetzung der ersten schwimmenden Photovoltaikanlage ist das Unternehmen derzeit mit mehreren Besitzern von Gewässerflächen und Betreibern von Kiesgruben im Gespräch. Geplant ist eine Anlagengröße von 750 Kilowatt-peak. Doch das kann nur ein erster Schritt sein. In schwimmenden Solaranlagen sieht Michael Thys ein großes Zukunftspotenzial: „Man könnte allein auf dem See im Tagebau Hambach bis zu 10 Gigawatt installieren“, schwärmt er: „Wenn man bedenkt, dass ein moderner Braunkohlekraftwerksblock etwa ein Gigawatt Jahresleistung hat, dann kompensiert so eine schwimmende PV-Anlage schon Einiges.“
Die Menschen müssen überzeugt werden
Doch viele Menschen nehmen den Klimawandel zwar ernst, aber nur solange bis Photovoltaik- oder Windprojekte in ihrer Nachbarschaft errichtet werden sollen. Dann steigt der Widerstand. Michael Thys findet das schade. Ein Windrad ist nicht nur sauberer, sondern seiner Ansicht nach auch ästhetischer als ein Tagebauloch in der Landschaft oder ein Braunkohlekraftwerk. Auch auf den Tagebauseen, so wünscht er es sich, sollten sich die Freizeitsportler künftig aus Verantwortung für das Klima bereitwillig den Raum mit den schwimmenden Solaranlagen teilen: Aber bis dahin sei wohl noch viel Überzeugungsarbeit für Wind- und Sonnenergie zu leisten./pak