Lernen über beobachten und erleben
Lernen über beobachten und erleben, das ist der Kern von dem, was die Biologie-Lehrerin mit diesem Projekt macht, an dem die Teilnahme optional ist. Er gehört nicht zum normalen Unterrichtskanon und geht inhaltlich deutlich über das Curriculum hinaus: Junge Menschen nehmen die Rolle eines Nachwuchsforschers ein und nähern sich spielerisch den Themen Nachhaltigkeit und Strukturwandel. Denn Boden hat mit Strukturwandel nicht nur im Bereich Agrobusiness zu tun, weil in der Region im Herzen des Rheinischen Reviers überdurchschnittlich fruchtbarer Boden sorgfältige Überlegungen notwendig macht, welche andere Nutzungen – etwa neue Baugebiete infolge von Ansiedlungen – sich wo rechtfertigen lassen.
Der Boden ist schließlich auch Basis für alles und kann buchstäblich wegbrechen, wenn ein unerwartetes Ereignis wie die Hochwasserkatastrophe 2021 eintritt. Auch das ist Thema des Kurses. Aber häppchenweise: „Wir arbeiten in kleinen Gruppen, jeder an einem anderen Experiment mit einem anderen Schwerpunkt“, erklärt Larissa Lenzen (16). „Die grundsätzlichen Experimente, den eigentlichen Bodenprobenkoffer, um den es geht, gab es schon. Das ist nicht unsere Erfindung. Wir haben ihn vom Forschungszentrum Jülich bekommen“, fügt Franziska Dell (17) hinzu, wie wichtig und eng für dieses Projekt die Zusammenarbeit mit dem FZJ ist.
Nur richtet sich dieser bestehende Bodenprobenkoffer an Grundschüler, vornehmlich vierte Klassen. Damit ist er für Ältere nicht komplex genug, geht nicht genug in die Tiefe. Die Aufgabe, die sich ihr Projektkurs gestellt hat, fasst Julia Rademacher (16) so zusammen: „Wir wollen ältere Kinder – fünfte oder sechste Klassen – befähigen, sich selbst mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen.“ Larissa ergänzt: „Wir machen neue Erfahrungen und wollen auch Jüngere dazu motivieren, neue Erfahrungen zu machen, zumal es um ein spannendes Zukunftsthema geht, das jeden betrifft.“ Tabea Van den Boem (16) sieht das so: „Es ist eine Alternative zu Fakten aus Büchern und Fernsehen, lässt viel detaillierter und hautnah in das Thema eintauchen.“ – „Und wir können sogar mit Wissenschaftlern darüber reden“, nennt Julia den Austausch mit dem FZJ als einen weiteren Grund, der die Mitarbeit in diesem Projektkurs attraktiv macht: „Wir treffen uns und dürfen Fragen stellen.“
Franziska resümiert, was die Herausforderung ist: „Kinder in fünften und sechsten Klassen sind unglaublich wissbegierig, haben aber eine andere Herangehensweise als Jüngere, denen ein stückweit noch das Wissen zu Zusammenhängen und der Weitblick fehlt. Wir wollen uns da so reindenken, dass wir unsere Zielgruppe dazu befähigen, diesen Weitblick entwickeln zu lernen und sich selbstständig Themen zu erschließen.“ Als „großen Schwachpunkt“ sieht Larissa derweil den theoretischen Teil, der natürlich dazugehört. Aber auch da wollen die Schülerinnen weg von klassischen Präsentationen in Lehrbüchern: „Wir könnten uns vorstellen, einen Erklärfilm zu machen. Oder in Form von einem Ratespiel Fakten zu präsentieren.“
Theorie spielt auch eine Rolle
Theorie spielt nämlich auch eine Rolle, und zwar nicht nur, wenn der Projektkurs mit Wissenschaftlerin in den Austausch geht. Auch die Teilnehmerinnen haben Schreibarbeit vor sich, weil sie dokumtieren müssen, was sie tun und warum. Bevor dann voraussichtlich im März ein Projekttag dafür vorgesehen ist, endlich alles zusammenzubringen. Dann übergeben die elf jungen Damen ihren weiterentwickelten Koffer zurück ans Forschungszentrum und präsentieren ihre Ergebnisse und Empfehlungen. Wie genau, daran tüfteln sie noch. Vielleicht wird es ein Plakat, vielleicht auch ein Mitmachtag.
Vorbei ist es dann aus ihrer Sicht nicht, vielmehr fängt es erst an. Franziska ergreift stellvertretend für ihre Mitschülerinnen das Wort. „Sowohl der Struktur- als auch der Klimawandel wirken sich auf Dauer aus.“ Auch dafür wolle der Koffer sensibilisieren.
„Anfangs ist mir das Herz in die Hose gerutscht, weil das Thema komplexer ist, als mir vorher bewusst war. Auch wenn man ‚nur‘ auf den Boden schaut, erkennt man so viele Zusammenhänge.“ Aber diese Herausforderung nimmt der Kurs mittlerweile enthusiastisch an, ist dafür auch schon mal draußen unterwegs, um Proben zu nehmen, und arbeitet mit diesen.
„Der Entwicklungsprozess“, sagt Julia, „ist gesprenkelt von Aha-Momenten. Uns ist mittlerweile bewusst, warum Bodenschutz so wichtig ist und wie sich das in den Gesamtkontext einordnen lässt.“
Auf diese Entdeckungsreise wollen sie daher bald Jüngere schicken. Der Projektkurs ist Teil von „Jugend gestaltet Strukturwandel“, gefördert durch Unternehmen Revier, das wiederum für das Rheinische Revier von der Zukunftsagentur betreut wird. Pars pro toto für die vielfätigen Jugendprojekte zeigt dieses Vorhaben, wie die Auseinandersetzung mit Strukturwandelthemen im Detail jetzt schon junge Menschen beschäftigt, die von ihm besonders betroffen sein werden. Lehrende, die sich vorstellen können, künftig den Bodenprobenkoffer in ihren Unterricht oder Projektarbeiten einzubinden, können sich mit Anfragen an das JuLab des Forschungszentrums Jülich wenden.
Da sich nicht alle zu Wort gemeldet haben und daher nicht alle zitiert sind, folgt eine vollständige Liste der 16- bis 18-jährigen Schülerinnen, die sich im Sinne der
„Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“ – so der Titel des Projektkurses –
für die Weiterentwicklung des Bodenprobenkoffers einsetzen. BNE steht für Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt.
Sie ermöglicht jedem Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen. /pak
- Sophie Schinke
- Larissa Lenzen
- Franziska Dell
- Julia Radmacher
- Lara Santos Kraemer
- Lina Horbach
- Tabea van der Boeken
- Katharina Wiora
- Fenja Gruentjens
- Emma Paulus
- Alena Muckel